Boot aus Stein, 1978-81

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Foto der Stelzenpyramide
Auf offenem Meer wird ein Pfahlbau errichtet. Auf neun Baumstämmen, die in den Meeresgrund gerammt sind und 3,50 Meter über dem Wasserspiegel emporragen, ruht eine Plattform von 14 x 14 Metern.
Auf dieser Plattform wird eine 12 Meter hohe Pyramide in Holzbauweise errichtet. Das Bauwerk ist nur mit einem Schiff erreichbar und über eine Eisentreppe zugänglich. Im Innern der Pyramide befindet sich ein dunkler Stein von 70 x 100 x 400 Zentimeter Größe, der in einem zentralen Raum von 8 x 8 Metern auf Bohlen gelagert ist.
Des weiteren steht in diesem Raum ein U-förmiger Tisch für zehn Personen. Der Raum wird von einem Wohnbereich umschlossen. Nach Fertigstellung des Bauwerkes will ich dort ein Jahr leben und aus dem Stein ein Boot meißeln.
Einmal im Monat will ich zu einem Gastmahl einladen, das von den Gästen und mir gemeinsam zubereitet wird.
Nach Abschluß meiner Arbeit an dem Boot aus Stein wird das Bauwerk für eine befristete Zeit dem interessierten Publikum zugänglich gemacht. Das Projekt ist damit abgeschlossen und wird wieder abgebaut. Findet sich eine Institution, die bereit ist, das Bauwerk zu übernehmen und zu unterhalten, könnte das Gebäude über die geplante Zeit hinaus weiterbestehen und ein Freiraum für Menschen werden, die das Bedürfnis haben, für eine bestimmte Zeit dort zu leben und zu arbeiten.

Realisiert im IJsselmeer / Niederlande
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Skizze des Steinbootes
Zeichnung auf Transparent, Mischtechnik, 1980
70 x 100 cm
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Skizze der Pyramide
Zeichnung auf Transparent, Mischtechnik, 1980
30 x 40 cm
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Foto der Pyramide aus der Ferne
Den Hauptteil der Dokumentation der Projekte aber bilden Ingrid Amslingers Fotos. Sie präsentiert sich darin als meisterhafte Schwarzweiß-Fotografin, die »steinzeitlich, immer mit der Hand« ihre sämtlichen Bilder selbst entwickelt. Im Bestreben, alles wie in ethnologischer Feldforschung möglichst lückenlos zu dokumentieren, schießt sie mit ihrer Leica eine große Zahl von Bildern, aus denen Sie später eine rigide Auswahl trifft. Dabei geht sie nach eigenen Aussagen subjektiv und von Emotionen bestimmt an die einzelnen Projekte heran und verzweifelt oft geradezu daran, daß die Bilder nicht exakt das wiedergeben, was sie mit ihrem subjektiven Auge und intensiven Erleben, gelenkt durch Vorwissen und Sympathie, gesehen hat. »Du glaubst nicht, wie sehr ich diesen unglaublich domhaften Raum der Pyramide in den Griff zu bekommen versucht habe, dieses flutende Licht, diese Höhe von 13 Metern .« Ingrid Amslingers Baumaterial ist das Licht und sein Koprodukt, der Schatten, mit dem sie Akzente setzt, konturiert, modelliert, dramatisiert, den Betrachter affiziert und in seinem Erleben der Werke lenkt.

Christian W. Thomsen, Hansjörg Voth: Projektkünstler
in: Zeitzeichen Lebensreisen
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Atelier in der Pyramide
Der Stein verliert langsam sein Gesicht. Die Konturen des Bootes zeichnen sich ab und beherrschen den Block. Oft unterbreche ich meine Arbeit. Die Befürchtung, der Stein könnte seine ursprüngliche Kraft einbüßen, macht mich unsicher. An der linken Vorderseite entdecke ich einen Riß, der sich bis zur Unterkante fortsetzt. Wenn es mir gelingt, diesen Riß auszunutzen, ohne daß zuviel ausbricht, könnte ich mit wenigen Hammerschlägen einen ganzen Tag Arbeit einsparen. Ich entschließe mich, es zu tun. Beim dritten Schlag mit dem Vorschlaghammer bricht das Stück von 40 x 40 x 30 cm aus dem Block. Ich kann die Arbeit an der Bruchstelle fortsetzen.

Hannsjörg Voth, Tagebuch 4.Juli 1981
in: Boot aus Stein
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Unfertiges Boot in der Pyramide
Ich glaube schon, daß ich mich näher erfahren konnte. Das ist vielleicht so zu erklären: Wenn man sich an seine frühe Kindheit zurückerinnert, da gibt es ja oft kleine Lichtblicke. Ich erinnere mich an Ängste und an Glücksgefühle. Glück kann ich am schwersten erklären. Für mich ist Glücklichsein schon, wenn überhaupt nichts passiert und man innerlich ausgeglichen ist, wenn dieser Zustand eine gewisse Zeit anhält, nicht nur 10 Minuten, sondern über Stunden und Tage. Das passierte in der Pyramide oft. Ich saß einfach so im Halbdunkel und hörte in mich hinein. Das war eine schöne Erfahrung, die mich manchmal an meine Kindheit erinnerte. Dieser Zustand ist für mich hier schwer mehr zu erreichen, da ich viel zu motorisch bin und sehr viel mit Aktivitäten kompensiere.

Wolfgang Längsfeld, Auszug aus einem Gespräch: Voth
in: Boot aus Stein
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Feier in der Pyramide
Wir waren 15 Personen und feierten lngrids Geburtstag. Wieder bauten wir gemeinsam den U-förmigen Tisch um das Steinboot auf. 250 Kerzen, die wir in vorgebohrte Holzbretter steckten, standen entlang der Innenseite des Tisches.

Hannsjörg Voth, Tagebuch 5.Oktober 1981
in: Boot aus Stein
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Foto der Pyramide über glitzerndem Wasser
Die Pyramide mit dem Boot aus Stein, in ihren Proportionen von cartesianischer Klarheit, strahlte etwas aus, das sich mit dem Begriff franziskanisch am ehesten umschreiben läßt. Das Werk kündete von der Möglichkeit eines Lebens, in der nicht das Haben, sondern das Sein bestimmend ist.

Helmut Schneider, Ein Haus für Ikarus
in: Boot aus Stein